Geschichte des 9. Bezirks
Die Geschichte des 9. Wiener Gemeindebezirks Alsergrund reicht bis weit zurück. Bereits die Römer besiedelten den Bezirk. Es gibt archäologische Funde von römischen Münzen und Schmuck sowie einen alten römischen Friedhof (beim heutigen Votivpark).
Der Bezirk wurde aus den sieben Vororten Alservorstadt, Michelbeuern, Himmelpfortgrund, Thurygrund, Roßau, Althangrund, Lichtental und 1850 nach Wien eingemeindet.
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Der Alsergrund um das Jahr 1609
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Kaiser Franz Josefs Bahnhof um 1880
Alservorstadt
Vor der zweiten Türkenbelagerung war das Gebiet der Alservorstadt nur sehr dünn besiedelt. Ab 1683 jedoch entwickelte sich dieser Teil des Bezirks.
Das „Krowotendörfl“ nördlich der Alser Straße entstand dadurch, dass Ende des 17. Jahrhunderts die damals am Spittelberg lebenden Kroaten, Slowaken und Slowenen gezwungen wurden, sich hier anzusiedeln.
In der Alservorstadt gab mehrere Armen- und Krankenhäuser. So war es nicht weiter verwunderlich, dass 1784 das Allgemeine Krankenhaus in dem Bezirksteil eröffnet wurde.
Ab 1850 gehörte die Alservorstadt als Teil des 9. Wiener Gemeindebezirks zu Wien. 11 Jahre später wurde der südliche Teil abgetrennt und der Josefstadt zuerkannt.
Der Name Alservorstadt wurde übrigens von der Als (dem Alsbach) abgeleitet.
Althangrund
Graf Althan, nach dem der Bezirksteil benannt ist, ließ ein Schloss - das Althan-Palais - erbauen. Dieses Palais hatte einen wunderschönen Garten. Heute befindet sich an dieser Stelle das der Franz-Josefs-Bahnhof. Der Platz heißt nicht mehr Althan-Platz sondern Julius-Tandler-Platz.
Nördlich des Althan-Palais befand sich ein Gebiet, das Spittelau genannt wird. Dort lag früher das Spital der Bürger.
Die Kaiser-Ferdinand-Wasserleitung entstand 1836-1846 in der Spittelau. Diese Wasserleitung sollte ganz Wien mit Wasser versorgen.
Doch da die Stadt immer weiter wuchs, musste 30 Jahre später eine bessere und größere Wasserleitung für Wien gebaut werden, die Erste Wiener Hochquellenwasserleitung.
Heute findest du in der Spittelau das Fernwärmewerk Spittelau. Es steht an der Stelle des früheren Maschinenhauses der Wasserleitung.
Himmelpfortgrund
Der Himmelpfortgrund wurde nach dem Kloster der "Chorfrauen zur Himmelspforte" benannt.
Der Himmelpfortgrund eignete sich besonders gut für das Wäsche waschen. Im Alserbach und im Währingerbach gab es dafür genügend Wasser und auf den Hügeln des Sechsschimmelberges wehte immer der Wind zum Wäsche trocknen. Waschmaschinen, wie wir sie heute kennen, gab es damals ja noch nicht. Die Wäsche musste mit der Hand gewaschen werden. Und so entstand eine eigene Berufsgruppe, nämlich die "Wiener Wäschermadln".
In alten Filmen werden die "Wiener Wäschermadln" oft als tolle Frauen dargestellt:
Sie waren schön, charmant, lustig, arbeiteten tüchtig und feierten gern.
In Wirklichkeit war der Wäscherinnenberuf aber gar nicht so leicht. Die Wäscherinnen mussten schon um 4 Uhr in der Früh in der Waschküche sein und sie arbeiteten oft zwölf bis sechzehn Stunden am Tag. Die "Wäschermadln" hatten eine typische Tracht (Gewand): Stiefel, eine weiße Bluse mit gebauschten Ärmeln, ein schwarzes Samtjäckchen mit Perlmutterknöpfen, einen kurzen gestreiften Rock, ein weiß- oder rotgetupftes Kopftuch und ein knallgelbes Halstuch.
Sie wurden von den "Kappelbuben" begleitet. Diese halfen ihnen die Wäsche zu tragen.
Lichtental
Früher lag das Lichtental wie eine Insel zwischen dem Alserbach und der Donau.
Es hatte früher viele Namen: "Lichtenwerd", "Talwiese" oder einfach nur "Auf der Wiesen".
Als Johann Adam Fürst Liechtenstein im Jahr 1687 die Wiesen des Vorortes kaufte, wurde diese Gegend "Liechtensteintal" oder nur "Liechtental" genannt. Beim Namen "Lichtental" ist es dann geblieben.
Einmal versuchte die Regierung der Gegend den Namen "Karlstadt" zu geben - zu Ehren des Kaisers Karl. Doch die Menschen nahmen den Namen nie an und so blieb es bei "Lichtental".
Im Jahr 1694 wurde hier mit dem Bau einer Brauerei begonnen - eine gute Möglichkeit um Geld zu verdienen. Heute steht vor dem ehemaligen Brauhaus eine moderne Statue. Sie heißt "Eine Tür für Eurydike". Danach wurden die Gründe abgesteckt und ein Haus ums andere errichtet. Viele Menschen siedelten hierher. Bald waren es so viele, dass sie sich eine eigene Kirche wünschten und bauten. Es gab damals schon zwanzig Gasthäuser in dieser Gegend. Das zeigt uns, dass die Lichtentaler lustige und gesellige Menschen waren.
Das größte Gewerbe im Lichtental war die Weberei. Es gab im Lichtental Leinen-, Baumwoll- und Seidenwebereien. Damals gab es allerdings noch nicht die Maschinen, die wir heute kennen. Im 18. Jahrhundert wurde alles noch mit der Hand hergestellt.
Michelbeuerngrund
Früher war dieser Vorort von natürlichen Grenzen umgeben:
dem Alserbach, dem Währingerbach und dem Linienwall
Er hieß zunächst "Jenseits am Alserbach", und dann "Am Alserbach". Der spätere Name "Michelbeuerngrund" wurde vom Salzburger Kloster "Michaelbeuern" abgeleitet. Denn der Michelbeuerngrund gehörte damals zu diesem Kloster.
Im Jahr 1786 wurde der Michelbeuerngrund an die Stadt Wien verkauft. In diesem Vorort entstanden das "Brünnlbad", die "Brünnlmühle" und die Armenhäuser "Zum blauen Herrgott" und "Am Alserbache" (Spitalsgasse 23). Menschen, die keine Arbeit, keine Wohnung und nichts zu essen hatten, wurden in diesen Armenhäusern mit dem Notwendigsten versorgt. Weiters gab es in Michelbeuern Ziegelgruben.
Es wurde auch die Irrenheilanstalt "Am Brünnlfeld" gebaut.
Im Jahr 1836 wurde in Michelbeuern eine Dampfmaschinenfabrik gegründet.
Roßau
Die Roßau war früher eine Aulandschaft. Auch eine Menge Pferde standen in dem Gebiet auf den Weiden. Da es damals noch keine Autos gab, mussten viele Waren, z. B. Lebensmittel, mit Pferdewagen, Schiffen oder Kutschen und später auch mit der Bahn transportiert werden. Die Pferde halfen auch dabei, die vollgeladenen Schiffe donauaufwärts zu ziehen.
Wegen der Donau lebten vor allem Fischer, Händler, Schiffmeister und Fuhrleute in der Roßau. Das Ausladen der Schiffe übernahmen die sogenannten "Strobler". Ihr Chef wurde "Stroblermeister" genannt. Es gab damals sogar den Beruf des "Sackträgers". Viele Leute verdienten sich ihr Geld auch als Holzarbeiter, denn Bäume gab es ja genug in der Gegend. Das Holz wurde von den "Holzscheibern" selbst abgeladen. Diese waren äußerst kräftige und grobe Männer, vor deren Muskelkraft man Respekt haben musste.
Ab dem Mittelalter gab es in der Roßau den "Rabenstein". Dort wurden Verbrecher bestraft.
Hast du schon einmal vom "Bäckerschupfen" gehört? Auch diese Strafe wurde in der Roßau durchgeführt. Wenn ein Bäcker Brot verkaufte, das nicht die richtige Größe hatte, wurde er zunächst verwarnt. Doch wenn er die Leute weiterhin betrog, dann wurde er in einen Käfig gesetzt und im Wasser des Donaukanals untergetaucht. So mancher Bäcker verlor dabei sein Leben! Das letzte "Bäckerschupfen" fand im Jahr 1773 unter Kaiser Joseph II. statt.
Thurygrund
Der Thurygrund wurde nach Johann Thury benannt. Dieser zog mit seiner Ehefrau Justine im Jahr 1646 als erster in diese Gegend. Sie hieß damals noch "Siechenals".
Die "Siechenals" war vollkommen verödet. Das bedeutet, es gab dort nichts - keine Menschen, keine Häuser.
Johann Thury ließ in Siechenals einige Häuser bauen und errichtete eine Ziegelei. Dort wurden Ziegelsteine hergestellt und in den Ziegelöfen gebrannt, damit sie haltbarer wurden. Mit diesen Ziegelsteinen konnten dann verschiedenste Bauwerke errichtet werden. Johann Thury starb im Jahr 1659.
Etwa 200 Jahre später wurden zwei Ziegel in der Erde mit der Aufschrift "IOHAN THVRI" gefunden. Seit damals wird Siechenals "Thurygrund" genannt.
Die Menschen, die im Thurygrund lebten, galten als humorvoll und sehr direkt. Viele Ausdrücke, die zur "urwienerischen" Sprache gehören sollen dort (und im Lichtental) entstanden sein. Die "Thurybrückler" waren stolz auf ihre kleine Welt und kümmerten sich nicht darum, was anderswo vor sich ging. Das Thurybrückel befand sich übrigens an der Kreuzung Liechtensteinstraße/Alserbachstraße.