Gräser
Weiden, Wiesen, Savannen, Steppen, Getreidefelder und sogar Bambuswälder haben eines gemeinsam. Sie bestehen überwiegend aus Gras. Manche der Flächen beherbergen nur sehr wenige Grasarten, andere können mit einer kaum vergleichbaren Artenvielfalt aufwarten. Auch wenn es vielleicht schwer zu glauben ist, sind Getreide und Bambus unterschiedliche Grasarten.
Wird von Gras oder Gräsern gesprochen, ist damit in erster Linie Süßgras gemeint, das botanisch gesehen die Gruppe der echten Gräser darstellt.
Wenn du mehr über Süßgräser, ihre wirtschaftliche Bedeutung und den Unterschied zwischen Natur- und Kulturgraslandschaften erfahren willst, klick dich durch die nachfolgenden Seiten.
Inhaltsverzeichnis
Herkunft
Zu der Zeit, als die ersten Blütenpflanzen auf unserem Planeten „auftauchten", entstanden auch die Gräser. Das war im Känozoikum (Erdneuzeit). Langsam begannen sie ihren Lebensraum, die offenen, unbewaldeten Länder, zu erobern. Manche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gehen davon aus, dass es verschiedene Gräser (vor allem bambus- und reisähnliche Gräser) sogar schon gegen Ende des Dinosaurierzeitalters gab.
Etwa ein Fünftel der Pflanzendecke der Erde sind heute Gräser. Savannen und Steppen stellen dabei die natürlichen Grasländer dar, während die Wiesen und Weiden des mitteleuropäischen Raumes Kulturgrasländer sind. Das kommt daher, dass der natürliche Bewuchs dieser Gegend eigentlich der Wald wäre. Doch durch Besiedlung und Rodung wurde das Land „offen" und die Flächen wurden in Ackerland, Weiden und Wiesen verwandelt. So begannen die Weiden- und Wiesenflächen nach und nach auch das Landschaftsbild Mitteleuropas zu prägen.
Arten
Süßgräser stellen die am weitesten verbreitete Pflanzenfamilie weltweit dar. Insgesamt umfasst diese Familie 650 (sechshundertfünfzig) Gattungen mit ungefähr 10.000 (zehntausend) verschiedenen Arten. Gräser sind also eine der größten Familien innerhalb der Blütenpflanzen.
Außerdem gehören zu den Süßgräsern die ältesten Nutzpflanzen des Menschen. Sie sind lebenswichtig für unsere Ernährung. Sämtliche Getreidesorten, wie Weizen, Hafer, Roggen, Mais, Gerste und Reis gehören zu dieser großen Pflanzenfamilie. Heute sind Süßgräser die Basis der Ernährung der gesamten Weltbevölkerung - ob als Getreide oder als Futterpflanzen für das Vieh.
Auch für die Bauwirtschaft - hier vor allem für den asiatischen Bereich - sind Gräser enorm wichtig. Denn die verschiedenen Bambusarten gehören ebenfalls zur Familie der Gräser, obwohl sie auf den ersten Blick vielleicht nicht so aussehen.
Sauergräser
Es gibt noch zwei weitere Pflanzenfamilien, die der Einfachheit halber zu den Gräsern gezählt werden. Riedgräser und Binsengewächse werden als Sauergräser bezeichnet, da sie vorwiegend auf Böden wachsen, die keinen Kalk enthalten und „sauer" sind. Daher haben sie auch ihren Namen.
Sauergräser wachsen vor allem im sandigen Küstenboden, in Mooren, Sümpfen und an Ufern. Sie kommen auch auf alpinen Geröllfeldern vor und wachsen aus Felsspalten. Sogar bis knapp an die arktische Grenze stoßen Sauergräser vor.
Insgesamt gibt es etwa 5.000 (fünftausend) verschiedene Arten von Sauergräsern, die sich von den Süßgräsern hauptsächlich durch ihre Stängel unterscheiden. Die Stängel der Sauergräser sind nämlich nicht hohl, sondern markhaltig und besitzen keine nach außen sichtbaren Knoten.
Verbreitung
Überall dort, wo keine Bäume wachsen, machen sich die unterschiedlichsten Grasarten breit. Manche wachsen in sogenannten Horsten, die wie Büschel oder sogar Polster aussehen, andere besiedeln flächendeckend den Boden. Sie wachsen an Meeresküsten und im Hochgebirge oberhalb der Baumgrenze.
Fast alle Lebensräume können von Gräsern erobert werden. Ob nasse oder trockene Böden, ob sehr heißes oder arktisches Klima, Straßenränder, Schotterflächen oder Mauerkronen. All diese Standorte scheinen für die unterschiedlichsten Gräser ideal.
Steppen und Prärien
Grassteppen sind baumfreie Landstriche, die sich hauptsächlich auf der Nordhalbkugel in Eurasien (Europa und Asien) und in Nordamerika befinden. Die in Nordamerika liegenden Steppen werden Prärie genannt. Damit vergleichbar ist damit nur die in Südamerika gelegene argentinische Pampa auf der Südhalbkugel der Erde.
Diese Gegenden zeichnen sich durch strenge, kalte Winter und sehr trockene Sommer aus. Der Grasbewuchs der Steppen und Prärien sorgt dafür, dass der fruchtbare Boden durch Wind und Wasser nicht abgetragen wird. Durch das dichte Wurzelwerk ist der Boden reich an organischen Stoffen. Das immer wieder absterbende Gras sorgt für einen hohen Humusgehalt im Boden. Es entstehen so sehr fruchtbare Schwarzerdeböden.
Savanne
Savannen unterscheiden sich von den Steppen dadurch, dass sie auch mit Bäumen und Sträuchern bewachsen sind. Allerdings überwiegt die offene Fläche bei Weitem.
Das Klima ist hier feucht und heiß. Regen gibt es so viel, dass es immer wieder zu riesigen Überschwemmungen kommt. Doch das macht dem Gras nichts aus. Auch die vielen großen Herden von Pflanzenfressern (zum Beispiel Elefanten, Zebras und Gnus) und immer wiederkehrende Brände überlebt die Pflanze schadlos. Tiere und Feuer sichern sogar das Überleben des Grases und das Bestehen der Savanne. Würde eines von beiden ausbleiben, wäre die Savanne binnen kürzester Zeit mit dichtem Wald bewachsen.
Die größte Savanne befindet sich übrigens in Afrika. Doch auch in Venezuela, Kolumbien, Brasilien und Nordaustralien gibt es sehr große Savannen.
Kulturgrasland
In Europa gibt es sehr wenig Naturgrasland. Nur in den hohen Bergregionen, in immer wieder überschwemmten Auen und am Rand von Hochmooren kann von Naturgrasland gesprochen werden. Diese Gebiete werden auch Urwiesen genannt.
Der Rest von Europa wäre fast ausschließlich Waldland. Bereits im Mittelalter sah die Landschaft Europas ähnlich aus wie heute: Siedlungen, Waldreste, Äcker, Wiesen und Weiden. Doch die Wiesen und Weiden sind heute lange nicht mehr so artenreich wie noch vor 600 Jahren, denn der Ertrag der Wiesen und Weiden nimmt einen immer höheren Stellenwert ein. Aus den ehemals artenreichen Wiesen und Weiden sind heute artenarme Wirtschaftswiesen- und Weiden geworden, die hauptsächlich der Futtersicherstellung für Rinder, Schafe und Ziegen dienen.
Aussehen
Süßgräser können - je nach Art - recht unterschiedlich groß werden. Viele sind nur wenige Zentimeter groß, andere bis zu 40 Meter (Riesenbambus) hoch. Die meisten Süßgräser sind einjährig, einige aber auch mehrjährig (bis zu 400 Jahre). Trotz dieser großen Unterschiede gehören sie alle zur gleichen Familie und weisen daher einige gleiche, für sie typische Merkmale auf.
Beinahe alle Süßgrasarten sind Flachwurzler. Das bedeutet, dass ihre Wurzeln nicht tief in die Erde eindringen. Sei haben auch keine Hauptwurzeln. Die Wurzelsysteme von Süßgräsern können riesige Ausmaße annehmen. Die Wurzel einer einzigen Pflanze des Rotschwingels kann sich über einen Durchmesser von 250 Meter ausbreiten! Spätestens beim Unkrautjäten wird diese Eigenschaft einiger Grasarten recht lästig. Vor allem dann, wenn bedacht wird, dass sich aus den Wurzeln heraus immer wieder neue Pflanzen bilden können.
Fast alle Süßgrasarten haben einen hohlen, zylindrischen (runden) Stängel (Halm), der durch gefüllte Knoten gegliedert ist. Beim Bambus kannst du diese Knoten besonders gut sehen. Direkt über den Knoten liegen die sogenannten Wachstumszonen. An diesen Stellen sind die Halme zusätzlich verstärkt. Sie bleiben dadurch beweglich und biegsam. Das ist wichtig, denn wenn der Wind ordentlich weht oder starker Regen fällt, können sie sich danach wieder gut aufrichten.
Die Blätter (Blattspreiten) der Gräser sind lang und schmal. Sie wachsen wechselständig. Das bedeutet, dass jeweils ein Blatt aus dem Halm wächst. Das nächste Blatt, das ein Stück weiter oben wächst, kommt auf der gegenüberliegenden Seite heraus.
Der Übergang zwischen Halm und Blatt heißt Blattscheide. Hier wächst meist ein Blatthäutchen (Ligula). Es hat die Aufgabe, ein Eindringen von Schmutz oder Parasiten zwischen Halm und Blattscheide zu verhindern. Dieses kleine Blatthäutchen kann je nach Grasart sehr unterschiedlich aussehen. Deshalb wird es auch für die Artenbestimmung herangezogen.
Vermehrung
Viele Süßgräser sind einjährige Pflanzen, die die kalte Jahreszeit als Samen im Boden überleben. Andere Süßgrasarten sind zwei- oder mehrjährig. Es gibt sogar Arten, die viele Jahrzehnte überleben wie beispielsweise Bambus.
Süßgräser und auch Sauergräser können sich auf zwei unterschiedliche Arten vermehren. Die eine Art der Vermehrung findet über ihre kleinen, unscheinbaren Blüten statt. Diese Art der Vermehrung wird als geschlechtliche Vermehrung bezeichnet. Das Bestäuben der Blüten übernimmt der Wind. Nachdem diese Art der Bestäubung allerdings recht unsicher ist, produzieren Gräser eine riesige Anzahl an Pollen, damit zumindest einige ihren Bestimmungsort treffen. So bildet beispielsweise Roggen pro Ähre ungefähr vier Millionen Pollenkörner! Während der Blütezeit kann es zu ganzen Staubwolken von Pollen kommen. Allerdings machen diese Unmengen an Pollen einigen Menschen schwer zu schaffen. Nämlich dann, wenn diese an einer Gräserpollenallergie leiden.
Die zweite Art der Vermehrung ist vegetativ. Die Pflanze vermehrt sich:
1) über oberirdisch kriechende, dünne Sprossachsen ähnlich den Walderdbeeren. An den Knoten bilden sich kleine Wurzeln, die sich in den Boden graben und oberhalb bildet sich eine komplette, neue Graspflanze aus.
2) unterirdisch über Wurzelausläufer, aus denen neue Halme nach oben wachsen.
Nutzung
Von den etwa 650 verschiedenen Süßgrasgattungen werden nur sechs bis sieben Prozent als Nahrung, Bau- oder Werkstoff verwendet.
Die größte Bedeutung bei den Süßgräsern haben sicher die unterschiedlichen Getreidesorten. Sie decken etwa 50% der Nahrungsenergie ab.
Die Stängel, Blätter und Wurzeln vieler Süßgräser sind ein wichtiger Lieferant für Stärke, Zucker, Fette und ätherische Öle.
Sie dienen aber auch als Werk-, Bau- und Füllstofflieferant. Hierbei hat vor allem Bambus eine große Bedeutung. Aus den großen, verholzten Bambushalmen werden beispielsweise Möbel, Trinkgefäße, Zäune, Häuser und Baugerüste gefertigt. Die Sprossen des Bambus sind übrigens ein viel verwendetes Gemüse vor allem in den asiatischen Ländern.
Zitronengräser sind Würz- und Heilpflanzen. Andere Süßgräser dienen der Herstellung von Alkohol wie Bier und Rum. Wieder andere, vor allem Bambus und Zuckerrohr, erlangen immer mehr Bedeutung bei der Herstellung von Biotreibstoff.
Das ebenfalls zu den Süßgrasarten zählende Schilf wird in vielen Regionen zur Abdeckung von Häusern verwendet.
Außerdem dienen Süßgräser als Futterpflanzen für Rinder, Schafe, Ziegen und Pferde, sowie als Ziergras (Pampasgras) im Garten und in der Trockenvase.
Nicht zuletzt werden geeignete Gräser in unterschiedlichen Sortenzusammensetzungen für verschiedende Rasen benötigt (zum Beispiel am Sportplatz, am Golfplatz, im Park und im Garten).
Redensarten
Warten, „bis Gras darüber gewachsen ist" bedeutet, bis etwas längst vorbei und auch vergessen ist.
„Dem Gras beim Wachsen zusehen" ist eine Bezeichnung für Langeweile.
„Ins Gras beißen" bedeutet sterben.
„Das Gras wachsen hören" wird meist in Verbindung mit Menschen gebracht, die sehr misstrauisch sind. Diese glauben, an jedem Anzeichen, auch wenn es nur eingebildet ist, eine Entwicklung in eine bestimmte Richtung erkennen zu können.